Verkehrsinitiative Harzer Straße plant Einwohnerantrag

Treffen der Verkehrsinitiative Harzer Straße

Die Verkehrsinitiative Harzer Straße hat Zulauf. Zum Treffen am Dienstag, den 16. September 2025 kamen zehn interessierte Anwohner*innen, darunter fünf neue. Der Grund für deren Interesse ist weniger erfreulich: Der zunehmende Verkehr in der Harzer Straße. „Der Leidensdruck ist anscheinend groß“, beschreibt eine Teilnehmerin die Gemütslage vieler Nachbar*innen.

 

Etwa 30.000 Autos pro Woche

Zur Situation: Die Harzer Straße wird von immer mehr Pkw- und Lkw-Fahrer*innen als Ausweichroute benutzt. Noch nicht zahlenmäßig verifiziert, aber von allen Teilnehmer*innen als Eindruck bestätigt, hat der Verkehr durch die Eröffnung der A100 noch einmal zugenommen. Zurzeit haben einige Anwohner*innen mit Hilfe des ADFC sogenannte „Verkehrszähler“ aufgestellt, die sowohl die Anzahl als auch die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge messen. Im Schnitt sind es ca. 30.000 Autos pro Woche. Die Daten können in Echtzeit online abgerufen werden. Wer Interesse hat, selbst einen Zähler z.B. am eigene Fenster aufzustellen, findet alle nötigen Infos dazu unter https://berlin.adfc.de/artikel/berlin-zaehlt.

Zu viel, zu schnell, zu laut

Fakt ist, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h von vielen ignoriert wird, es fehlen Fahrradspuren, Zebrastreifen, Ampeln und Überquerungshilfen. Ein etwa 100 Meter langes Teilstück hinter der Kreuzung Lohmühlenstraße ist überdies noch gepflastert, was den Lärmpegel in die Höhe treibt. Hinzu kommt die Belastung durch Feinstaub und Abgase. Eine Anwohnerin: „Ich habe schon sämtliche Ohrstöpsel erfolglos durchprobiert. Man kann auch im Sommer die Fenster nicht öffnen.“ Außerdem, so die Nachbarin weiter, habe sie noch vor zehn Jahren auf dem Balkon Kräuter anbauen können, was wegen der Schadstoffbelastung jetzt nicht mehr möglich sei.

Neben den langfristigen Gesundheitsrisiken gibt es auch noch die kurzfristigen: Für Kinder birgt die unbegleitete Überquerung der Harzer Straße ein hohes Risiko und auch Fahrradfahrer*innen leben aufgrund der fehlenden Spur gefährlich. Nachts, wenn die Straße freier ist, drücken viele Fahrer*innen zudem auf’s Gas.

Verkehrsaufkommen hat verschiedene Ursachen

Dass es so viel und immer mehr Verkehr gibt, hat laut Fabian Kirstein von der Initiative Harzer Straße verschiedene Ursachen: die angespannte Verkehrslage auf der Sonnenallee, die Verkehrsberuhigung anderer Straßen und Plätze wie der Weserstraße oder des Weichselplatzes, die Baustelle Elsenbrücke und die tägliche Verstopfung der A100. Wer von Kreuzberg Richtung Osten will, wird allein schon von Navigationssystemen wie Google Maps durch die Harzer Straße geschickt. Neben diesen „externen“ Faktoren spielt auch das Wachsen der Einwohnerzahl im Kiez und die damit verbundene Zunahme privater Pkw eine Rolle.

Ziel ist die Reduzierung des Verkehrs

„Die Harzer Straße ist als Ausweichroute attraktiv, und das kann man niemandem zum Vorwurf machen“, so Fabian Kirstein. Eine generelle Sperrung für Kraftfahrzeuge komme allein schon wegen der Buslinie nicht infrage. Der Initiative, das betonen alle Anwesenden, gehe es auch nicht darum, Verkehrsberuhigungen in anderen Straßen rückgängig zu machen. Ziel sei vielmehr den Verkehr insgesamt zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen.

Ein Kiez, zwei Bezirke

Um dies zu erreichen, ist die Initiative mit den politisch Verantwortlichen im Bezirk im Gespräch. Wobei manchmal nicht klar ist, welcher Bezirk überhaupt zuständig ist, denn die Grenze zwischen Neukölln und Treptow Köpenick verläuft quer durch den Kiez, manchmal sogar durch einzelne Wohnungen. Relevant ist dies weniger für die Harzer Straße, denn die liegt zu 100 Prozent auf Neuköllner Territorium, als vielmehr für die Verbindungsstraße wie die Onken- oder die Wildenbruchstraße.

Politischer Wille ist vorhanden, Geld weniger

Die Bereitschaft in Sachen Harzer Straße etwas zu tun, sei in Neukölln durchaus vorhanden, erzählt Fabien Kirstein. Am vorletzten Treffen der Verkehrsinitiative nahm Stadtrat Jochen Biedermann teil, der sich offen für Vorschläge gezeigt habe. Manches allerdings brauche seine Zeit: So kostet die Einrichtung eines Zebrastreifens 70.000 €, die in der Haushaltsplanung des Bezirks bereitgestellt werden müssen. Eine kostengünstige Maßnahme wie eine durchgängige Rechts-vor-Links-Regelung sieht wiederum die BVG skeptisch, weil sie befürchtet, dass ihre Busse nur noch stockend durch die Harzer Straße kämen (was auch jetzt schon durch den hohen Verkehr der Fall sei, so ein Teilnehmer).

Einwohnerantrag in der BVV

Um mittel- bis langfristig etwas bewirken zu können, sei dauerhafter politischer Druck nötig, erklärt ein weiterer Teilnehmer der Initiative. Um diesen aufzubauen, plant die Ini nun einen Einwohnerantrag in der BVV zu stellen, in dem die wichtigsten Forderungen enthalten sein sollen (s.u.). Um den Einwohnerantrag stellen zu können, müssen aber noch 1.000 Unterschriften gesammelt werden. Wer mitmachen will, findet alle nötigen Infos und Kontaktmöglichkeiten unter https://initiative-harzer-strasse.de/.

 

Die Forderungen der Verkehrsinitiative Harzer Straße (Stand 05.09.2025)

1. Die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h wird mit Geschwindigkeitsanzeigen und/oder Fahrgassenversatz sowie regelmäßigen Geschwindigkeitsüberwachungen durchgesetzt.

2. Die Verkehrssicherheit für Fußgängerinnen (insbesondere Kinder) und Fahrradfahrerinnen soll auf schnellstmögliche Weise (z.B. Installation von Verkehrsinseln, Gehwegvorstreckungen und/oder Fußgängerüberwegen) an allen Kreuzungen der Harzer Straße sichergestellt werden.

3. Der Kreuzungsbereich Harzer Straße / Kiehlufer / Lohmühlenbrücke / Lohmühlenstraße soll umgestaltet werden, so dass eine sichere Querung möglich ist und die Harzer Straße an der Einmündung baulich als Nebenstraße kenntlich gemacht wird, unter anderem durch Fahrbahnverschmälerung. Das schließt eine Asphaltierung des letzten Teilstücks der Harzer Straße ein, um die Lärmbelastung zu senken.

4. Wiederherstellung der Grundregel „rechts vor links“ auf der gesamten Harzer Straße durch Entfernen der Vorfahrtsschilder (Verkehrszeichen Nr. 301).

5. Der Durchgangsverkehr in der Harzer Straße und am Kiehlufer muss mit schnell umsetzbaren Mitteln (z. B. mit modalen Filtern, Diagonalsperren) verhindert werden mit Ausnahmen für ÖPNV, Rettungsdienste, Anwohner*innen, Müllabfuhr u.Ä.

(Quelle: https://initiative-harzer-strasse.de/aktueller-stand-unseres-einwohnerantrages/)