Ein Blick über den Tellerrand in Sachen Müll

Fotos: Birgit Leiß/Webredaktion

Denn, wie Quartiersmanagerin Hande Gür bei der Sitzung im Quartiersbüro erklärte: „Der Kiez könnte so schön sein, wenn nicht überall Dreck und Unrat herumliegen würden!“ Von Anfang an war das „Littering“, wie die Vermüllung des öffentlichen Raums auch genannt wird, ein immer wieder genanntes Ärgernis unter der Anwohnerschaft und infolgedessen auch ein Schwerpunkt der Arbeit. So wurden unter anderem Kiezputzaktionen durchgeführt. Doch anderer Leute Müll aufzusammeln, nur damit es drei Tage später wieder genau so aussieht, ist bei allem Engagement irgendwann nur noch frustrierend. Nachhaltige Lösungen müssen her. Nach einem theoretischen Input, bei dem eine Studie zu den Ursachen des Littering sowie einige interessante Beispiele aus anderen Städten und Ländern vorgestellt wurde, ging es an die Arbeit

Sprechende Mülleimer und Kippen-Marathon

An drei Thementischen wurden Ideen zusammengetragen und über Zielgruppen und Maßnahmen diskutiert. So wurden auf einer Karte die Orte im Kiez eingetragen, wo man am besten Menschen für Aktionen erreichen kann, etwa der Trusepark. Die präsentierten „Best-Practice-Beispiele“ hatten viele Anregungen geliefert, auch wenn sie sicherlich nicht Eins zu Eins auf den Harzer Kiez übertragbar sind. „WasteWatcher“ wie in Österreich, die im Kiez unterwegs sind und sowohl ermahnen und aufklären wie auch Strafen verhängen, können sich viele auch für Neukölln vorstellen. In Köln setzt man auf die Aufpeppung von Mülleimern. Auch die BSR experimentiert mit sprechenden Mülleimern und ähnlichem. Großen Anklang bei den Mitgliedern des Quartiersrats fanden außerdem Müllsammelwettbewerbe wie zum Beispiel der Bremer Kippen-Marathon. In Brasilien gibt’s für aufgesammelten Müll eine Tüte mit übriggebliebenem Obst und Gemüse. Und an der niederländischen Küste wird ein voller Jutebeutel mit unerwünschtem Strandgut mit einem Eis belohnt. Fazit: wenn schon Müllsammelaktionen, dann pfiffige.

Tauschen, Reparieren, wiederverwenden

In der Pause ging der lebhafte Austausch zwischen Schnittchen und Limonade weiter – das Thema brennt eben allen unter den Nägeln. Einig war man sich, dass ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ein Teil der Lösung ist. Sprich: weniger konsumieren, stattdessen tauschen, reparieren und wiederverwenden. Dazu gehören Repaircafés (wie das über den Aktionsfonds unterstützte im Open Tiny) ebenso wie Kleidertauschpartys oder das viel genutzte Harzer Eck, wo man gut erhaltene Sachen hinbringen und sich welche mitnehmen kann. Das Harzer Eck in seiner jetzigen Form könnte bald Geschichte sein. Denn im Rahmen eines möglichen "Idyll ohne Müll"-Projekts könnte ein neuer, robusterer, besser geeigneter Tauschort geschaffen werden. „Wir wollen auf jeden Fall den Ort erhalten, er ist ein wichtiger Treffpunkt für die Menschen im Kiez“, so Quartiersmanager Christian Atmaca.

Cafés ansprechen, Kinder sensibilisieren

Am Ende stimmten die Quartiersratmitglieder darüber ab, welche Maßnahmen aus dem zusammengetragenen Ideenkatalog sie als besonders wichtig erachten. Viel Zuspruch fanden Kooperationsprojekte mit Gewerbetreibenden, vor allem um nach Lösungen für die Wegwerfverpackungen zu suchen. Aktionen mit Kindern und Jugendlichen, etwa Workshops an Schulen und Kitas, fanden ebenfalls viele sinnvoll und wichtig. Die Errichtung einer öffentlichen Sperrmüllecke traf ebenfalls auf breite Zustimmung. Welche Projektidee am Ende umgetzt wird – darüber wird noch zu diskutieren sein.

Insgesamt 90.000 Euro stehen für die nächsten drei Jahre (2024-2026) zur Verfügung, um das Idyll ohne Müll anzupacken.