Der Plausch über den Gartenzaun gehört dazu

Fotos: Birgit Leiß/Webredaktion

Ein Garten mitten in der Stadt – das ist Luxus, weiß Antonia Humm, die Vorsitzende der Kleingartenanlage in der Harzer Straße 79. Sie hatte früher eine Parzelle in der Kolonie neben der Rütli-Schule. Als diese 2012 einem Erweiterungsbau weichen musste, konnte sie, ebenso wie ein paar andere „Vertriebene“, hier einen Garten pachten. Für sie ist es der ideale Freizeitausgleich: „In der Erde wühlen, die Jahreszeiten mitzubekommen, das ist sehr entspannend.“ Außerdem schätzt sie die soziale Mischung, den Kontakt übern Gartenzaun hinweg mit ganz unterschiedlichen Menschen. Junge Familien mit Kindern, Zugezogene, Menschen im Rentenalter – die Anlage mit den 43 Parzellen ist bunt gemischt. Fast alle wohnen um die Ecke.

Birnenschwemme und Tulpenpracht

Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den Gärten wieder. Hochbeete mit Salat, Reihen mit Tulpen und Dahlien, Plantschbecken oder viel Rasen – ganz wie man’s mag. Natürlich sind die Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes zu beachten. Ein bestimmter Anteil der Fläche muss beispielsweise für den Obst- und Gemüseanbau genutzt werden. Kein Problem für Antonia, die mit viel Leidenschaft Erbsen, Himbeeren und grünen Spargel anbaut. Auch Olivier fährt reiche Ernte ein. Er hat einen stattlichen Birnbaum im Garten. Etwa 40 Gläser weckt er jedes Jahr ein und verschenkt sie. Erntedankfeste, Geburtstage oder auch vor einigen Jahren die 100-Jahr-Feier bringen die kleine Gemeinschaft zusammen, auch wenn der ehemalige Vorsitzende findet, dass es früher familiärer zuging: „Der Zusammenhalt war früher größer, mindestens zweimal pro Woche war irgendwas los, zum Beispiel Tombola, Bowle-Umtrunk oder Sommerfest“, erzählt er. Seit fast vier Jahrzehnten gärtnert er hier. Leben und leben lassen, war als Vorsitzender stets seine Devise, was die angeblich so strengen Regularien in einer Kleingartenanlage angeht. „Ein bisschen Ordnung muss schon sein - aber nur ein bisschen.“

Die Laubenpieper müssen und wollen sich öffnen

Schon seit einigen Jahren gibt es eine Gemeinschaftsparzelle. Früher wurde sie von der benachbarten Hans-Fallada-Schule genutzt. Nachdem dort ein Schulgarten angelegt worden war, wurden neue Gartenfans gesucht. Antonia Humm nahm Kontakt zum Quartiersmanagement Harzer Straße auf und zusammen mit Parzelle X, dem Träger des Projekts „Gemeinsam Gärtnern“ wurde im Frühjahr 2023 der HarzAcker ins Leben gerufen. Seitdem gärtnert hier eine Gruppe aus der Nachbarschaft gemeinsam. Man mache das aus Überzeugung, betont Antonia Humm: „Wir wollen mehr Menschen die Teilhabe am städtischen Grün ermöglichen und uns gleichzeitig weiter im Kiez vernetzen.“ In Zeiten, wo die Flächen zunehmend als Bauland Begehrlichkeiten wecken, ist es aber auch eine Chance zu zeigen: Schrebergärten können den Kiez bereichern und die Nachbarschaft zusammenbringen. Von den sieben Kleingartenanlagen im Harzer Kiez ist nur die Anlage Loraberg am Kiehlufer 97-105 auf Dauer gesichert.