Geteiltes Schrebergartenglück

Fotos: Birgit Leiß/Webredaktion

Laubenpieper, die den Garten als privates Reich betrachten und sich vor allem für den millimetergenauen Schnitt der Hecken interessieren - das ist vorbei. Längst gärtnert man ökologisch, lädt Kita-Kinder zur Naturerkundung ein und organisiert Workshops und Pflanzentauschmärkte für die Nachbarschaft. Bestes Beispiel: die Kleingartenanlage Kühler Grund in der Ederstraße 11-19. Mit 66 Parzellen ist die zwischen Weserstraße und Sonnenallee gelegene Kolonie relativ klein. Gegründet wurde sie 1919. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier sogar gewohnt, erzählt Ilona. Ihre Nachbarin, die älteste Pächterin im Kühlen Grund, ist hier geboren und aufgewachsen. Es gebe noch mehr über 80-Jährige, berichtet Ilona. ‚Bloß nicht den Garten aufgeben!‘, sagt sie ihnen stets. Viele würden sonst total vereinsamen: „Gärtnern ist gesund, außerdem helfen wir uns untereinander“, betont Ilona, die in Lankwitz wohnt, aber ihren Garten hier in Neukölln hat. „In Neukölln geht’s nicht so steif zu,“ findet sie.

Naschallee statt Reststreifen

Einen bezahlbaren Garten in innerstädtischer Lage zu haben ist ein Privileg - dessen sind sich die Kleingärtner:innen bewusst. Der Andrang auf die Parzellen ist riesig. Um Leuten, die noch auf der Warteliste stehen, die Möglichkeit zum Gärtnern zu geben, wurde vor einigen Jahren eine Idee geboren: das Projekt „Reststreifen“ oder „Sonnenallmende“, wie es mittlerweile genannt wird. Allmende sind gemeinschaftlich geteilte Flächen. Und genau darum geht es: aus einem wenig genutzten Streifen am Rande des Weges soll eine klimaresiliente, insektenfreundliche Gemeinschaftsfläche werden, mit Totholz, Hochbeeten und einer schattigen Bank, wie Benjamin und Konrad aus der rund zehnköpfigen Projektgruppe erklären. Man wolle hin zu einer anderen Art zu gärtnern, sagen die beiden: „Es geht darum, aus dem Weg etwas für die Gemeinschaft zu gestalten, eine Art Naturpfad.“ Der Streifen sei eine „tolle Ressource“, die man mit der Nachbarschaft teilen möchte. Auch eine Naschallee mit essbaren Blüten und Beerensträuchern könnten sie sich gut vorstellen. Das würde vor allem Kindern Freude machen. Nicht alle in der Kleingartenanlage sind von dem Vorhaben begeistert. Einige fürchten Vandalismus und Vermüllung. „Das muss sich einspielen“, sagen Benjamin und Konrad. Die meisten würden mitziehen.

In einem dicht besiedelten Gebiet wie dem Harzer Kiez sind solche Grünflächen nicht nur wichtige Orte für den nachbarschaftlichen Austausch, sondern auch ein Beitrag zum gesunden Stadtklima. Die Koloniegemeinschaft, die seit 2022 unter dem Namen „Pflanzerverein Kühler Grund e.V." als Verein eingetragen ist, hofft jedenfalls, dass ihr Paradies auch die nächsten 100 Jahre Bestand hat.